Freitag, 18. Juli 2008

Suizid auf Umwegen "Eine alte Kurzgeschichte von mir."

Suizid auf Umwegen

Es war wieder einer dieser unerträglichen Tage wie es sie zu Tausenden gab. Frank war grade einmal 23 Jahre alt und hatte jetzt schon vom Leben die Nase gestrichen voll. Ein Tag war hoffnungsloser als der andere, und es schien immer schlimmer zu werden. Frank war eine mitleidserregende Gestalt und nie konnte er sich und seine Interessen durchsetzen. Nie nahm ihn jemand ernst, wenn es nicht an seinen Äußeren lag dann an seiner mutlosen Stimme. Auch hatte er Schwierigkeiten eine Frau kennen zu lernen, denn er war alles andere als Wortreich und daher hatte er schon immer Kontaktschwierigkeiten. Man sollte annehmen das er das Alleine sein gewohnt war aber Frank lit sehr an der Einsamkeit.
Frank stand gegen Mittag auf, das war für ihn eine normale Zeit, denn er war schon seit langem arbeitslos und all seine Bemühungen an diesen Zustand etwas zu ändern waren für die Katz. Ob das auch an seinen Äußeren lag? Noch nicht ganz auf der Welle und mit Schlaf in seinen Augen betrachtete er das Gelage das er letzte Nacht veranstaltet hatte. Auf seinen Wohnzimmertisch in seiner Einzimmerwohnung standen an die zehn leere Bierflaschen und zwei ebenfalls leere Bourbon Whiskey Flaschen. Frank versuchte sich an die letzte Nacht zu erinnern, nach und nach kam ihm es ihm wieder ins Gedächtnis. Als er mit der Rekonstruktion fertig war schämte er sich vor sich selbst denn er hatte mal wieder nur Unsinn gemacht. Soweit er noch wusste stand er nackt auf seinen Balkon und hatte irgendetwas von -Ich habe so viel Liebe zugeben- in die Stadt gerufen. Dieses mit dem -Ich habe so viel Liebe zugeben- hatte er aus dem Film Magnolia. Frank hoffte das seine Nachbarn den Peinlichen Auftritt nicht mitbekommen hatten. Auch wenn seine Nachbarn kein Interesse für ihn hatten, für solche Dinge gab es immer Interessenten.
Frank war seelisch am Boden, er hatte nichts was ihm etwas bedeuten würde. So gerne würde er eine Frau kennen lernen, mit der er ein ganz normales Leben führen hätte können. Frank dachte in der Vergangenheit schon oft an Selbstmord, das einzige was ihn bisher davon abhielt war der feste Glaube daran, dass Selbstmörder mit tödlicher Gewissheit in der Hölle schmoren würden. -Doch was ist nun?-, hatte sich Frank gefragt, nun wo er seinen Glauben verloren hatte. Er wollte das alles nicht mehr, das Leben war zu schmerzvoll um es in Sinnlosigkeit zu führen. Jetzt war Schluss.
Frank ging wie befohlen ins Badezimmer um Wasser in die Badewanne zu lassen, er stand da und schaute zu wie sich die Wanne langsam füllte. Als die Wanne bis zu Hälfte gefüllt war drehte er das Wasser ab. Er schnappte sich den Fön, denn er schon länger nicht gebraucht hatte da er sein Harr seit Jahren sehr kurz trug. Er schloss den Fön an der Steckdose an und stieg nur mit seiner Short bekleidet in die Badewanne. Nun hockte er da, in der Wanne mit dem Fön in seiner Hand, den er schon längst angeschlossen hatte. Er musste den Fön nur noch ins Wasser fallen lassen und der Horror den man Leben nennt wäre endlich vorbei, dachte ich Frank. Er sagte flüsternd zu sich selbst -Lass los, lass einfach los-. Er atmete sehr kräftig als würde der Sauerstoff knapp. Doch was war nun? Der Strom ist aus, der Fön gab keinen Ton mehr von sich und kein Licht im Fensterlosen Badezimmer. Frank ließ den Fön in die Wanne fallen und sprang zeitgleich aus ihr heraus. Er schnappte sich ein Handtuch das er um die nasse Short wickelte und rannte zur Haustür hinaus, über den Laugengang direkt zum Hausflur, wo die Stromzähler waren. Und Frank`s Verdacht hatte sich bewahrheitet, an den Zählern stand ein Mann in Arbeitskleidung, der von den Stadtwerken kam. Ohne lang zu zögern fing der -Stromabdrehermann- zu reden, er sagte- Wir haben eine offene Rechnung von 748,29 Euro, und solange die nicht bezahlt ist werden wir im dunkeln sitzen-. Farnk stand da mit leicht geöffneten Mund, er fand es verwirrend das der -Stromabdrehermann- in Plural sprach. Frank war still und versuchte nachzudenken, doch er fand keinen vernünftigen Gedanken, wie sollte er auch, noch vor ein paar Sekunden war er mit einen Fön bewaffnet bereit zu sterben. Er drehte sich um und ging zurück in seine Wohnung. Wütend und noch immer verzweifelt setzte sich Frank auf sein Schlafsofa. Er legte seinen Kopf in die Hände und fing an zu weinen. Eigentlich war es kein Weinen, vielmehr war es ein Heulen bei dem sich seinGesicht zu einer Grimasse verzog. Er schlug ich wütend mit dem Handballen gegen die rechte Schläfe und erreichte damit den Höhepunkt seiner Heulerei. Dabei stammelte er unverständliche Worte vor sich hin, er schrie ,it aller Kraft -Nicht einmal der Freitod gönnen mir diese Penner- in Richtung Haustür. Als wären seine Worte von jemand anderen gekommen wurde Frank still und dachte darüber nach. Er dachte - Warum soll ich von dieser beschissenen Welt gehen ohne mich vorher an denen zu rächen die diese Welt erst beschissen machen?-.Er war entschlossen sich erst zu rächen bevor er für immer ging. -Den Spaß gönne ich mir- dachte er sich. Er stand auf entledigte sich seiner nassen Short und zog sich trockene Kleidung an.
Beim verlassen der Wohnung knallte er die Haustür mit voller Kraft zu, so das sie nicht zu ging sondern wieder aufsprang, Frank hatte es grade noch aus dem Augenwinkel gesehen. Er tat zwei Schritte zurück um die Tür richtig zu schließen, doch dabei stellte er fest das durch den Knall der Schloßriegel raus gesprungen war, nun ließ sich die Tür nicht mehr schließen aber das war ihm nun auch egal. Und so stampfte er in Richtung Stadtwerke, die nicht all zu weit entfernt waren. Er hatte noch keine Idee was er überhaupt anstellen sollte aber es würde sich schon irgendetwas ergeben, da war er sich sicher. Als er nach wenigen Minuten ankam blieb er vor dem riesen Prunkgebäude der Stadtwerke stehen. Er reckte seinen Hals hoch um bis nach oben schauen zu können, als er es genug betrachtet hatte senkte er seinen Kopf und schüttelte ihn kaum sichtbar hin und her. Doch was sollte er jetzt machen, fragte er sich. Er schaute sich um als ob er nach Inspiration suchen würde, und tatsächlich fand er eine. -Jetzt mach schon- sprach er zu sich selbst und setzte sich in Bewegung. Sein Gang war entschlossen, was man sonst nicht von ihm kannte. Er ging auf dem direkten Wege zum Informationstresen, die Frau an der Info die zuvor ein Pflichtlächeln auf den Lippen trug erschrak als Frank kräftig auf den Tresen haute. Frank sagte mit bösen Blick und zusammengebissenen Zähnen -Mein Name ist Frank Raue, ich wohne in der Hermannstraße 9 und ich bin seit Jahren Kunde bei ihnen-. Dann tat Frank einen Schritt zurück, öffnete seine Hose holte seinen Penis heraus. Die Frau hinter dem Tresen schrie auf. Frank verzog das Gesicht und sah sehr angestrengt aus, auf einmal Pinkelte Frank los, direkt über den Tresen. Die Frau hinter dem Tresen rannte schreiend und angewidert davon. Frank, der immer noch seinen Penis in der Hand hielt und noch immer ein paar tropfen Urin von sich gab, schrie hinter ihr her -Ach komm schon Baby, das findest Du doch geil-. Und man mochte es nicht glauben wie schnell die Polizei sein konnte als es hieß -bei den Stadtwerken läuft jemand Amok-.
Und so verbrachte Frank die Nacht in Polizeigewahrsam. Frank hatte ohne großen Aufstand alles zugegeben was man ihm vorwarf, was hätte er den leugnen können? Es waren wahrscheinlich mehr als 20 Zeugen anwesend. Frank scherte sich einen Dreck um die Anzeige die jetzt gegen ihn vorlag, denn er wusste das er bis zur Gerichtsverhandlung nicht mehr leben würde. Dieser Gedanke gefiel Frank, er brauchte die Konsequenzen nicht zu fürchten. Auf den Weg nach Hause lächelte Frank unentwegt, und genoss die Freiheit die er in sich spürte. Auf dem verträumten nach Hause Weg dachte er an die Frau an der Information und er lachte laut los.
Nach einer knappen Stunde war Frank nun zuhause und musste feststellen das seine Wohnung geplündert wurde, denn er konnte ja seine Haustür nicht schließen. Es hätte Frank egal sein können aber aus irgendeinem Grund missfiel es ihm. Er klingelte beim Nachbarn um nach zu Fragen ob der vielleicht irgendetwas gesehen hatte. Sein direkter Nachbar auf dem Laugengang öffnete ihm nur einen Spalt mit der Sperrkette davor. Da es sich um einen jungen Mann handelte, der höchstens 18 war, sagte Frank mit strenger Stimme, -Hey, hast du gesehen wer meine Wohnung ausgeräumt hat?-. Der Junge verneinte mit den Worten, -Nein man, das interessiert mich auch nen Scheiß-. Frank wollte sich grade wieder umdrehen um in seine Wohnung zu gehen, doch dann dachte er -Moment mal-. Er setzte ein ärgerliches Gesicht auf und trat einen Schritt zurück und trat voller Kraft gegen die versperrte Tür. Der junge Mann wollte schnell noch die Tür zu drücken doch Frank war schneller, die Tür sprang auf. Die aufspringende Tür schleuderte den jungen Mann zu Boden, Frank stürzte sich auf ihn und schlug wie ein Berserker auf ihn ein. Der junge Mann schrie um Hilfe, doch er schien allein in der Wohnung zu sein und die anderen Nachbarn hatten wohl zu angst davor in Schwierigkeiten zu geraten. Erst als der Junge außer einem Wimmern kein Ton mehr von sich gab ließ Frank von ihm ab. Frank stand auf und spuckte den jungen Mann an und sagte -Denke an mich, bevor du das nächste Mal jemanden respektlos behandelst-.
Frank ging in seine Wohnung um nachzuschauen ob die Plünderer wenigstens seine Kleidung da gelassen hatten. Er hatte Glück, und er zog sich um und verließ seelenruhig seine Wohnung. Als er den Laugengang betrat schaute er zu Jungen der noch immer wimmernd im Eingang lag. Frank drehte ihm den Rücken zu und sagte -Man sieht sich.- Frank fühlte sich gut, er fühlte sich allen anderen Menschen überlegen, zum ersten mal in seinen Leben hatte er sich gewehrt.
Frank lief zunächst Ziellos durch die Straßen der Großstadt, er suchte nach irgendetwas, doch noch wusste er nicht wo nach er suchte. Er beschloss erst einmal eine Kneipe aufzusuchen um nachzudenken, er hatte genug Geld dabei um sich ein Bierchen zu gönnen. Nachdem er das erste Bier ausgetrunken hatte bestellt er sich ein zweites, und dann ein drittes, dann ein viertes und so weiter, denn kassiert wurde erst am Schluss. Er trank und trank, doch es blieb nicht nur beim Bier, er stürzte auch Whiskey und Wodka in sich hinein. Frank war schon reichlich betrunken als ihm die Frau an der Bar auffiel, die da stand wo zuvor eine hässliche Schabrake war. Frank`s Blick war schon sehr getrübt, er konnte nicht feststellen ob es an dem Zigarettenqualm lag oder er wirklich schon so besoffen war. Frank gab sich seinen unanständigen Gedanken hin. Frank war wirklich sehr besoffen.
Frank dachte eine seine frisch gewonnene Unabhängigkeit, an seine Freiheit, er hatte nichts zu verlieren. Er raffte sich und musste sich dabei an einem Stuhl festhalten um sein Gleichgewicht zu finden. Frank ging höchstkonzentriert zur Bar an der die Frau stand. Die Frau bemerkte das Frank sie angepeilt hatte und sie lächelte ihn an. Als Frank am Ziel ankam erhob er seine faust als wollte er auf den Tresen hauen, wie er es bei den Stadtwerken getan hatte, doch glücklicherweise tat er es nicht und lies die Faust wieder kraftlos fallen. Frank schaute der schönen Frau in die Augen und sagte, -Ich bin Frank, dürfte ich deinen Namen erfahren?-, die Frau antwortete, -Ich heiße Maria, ich bin zu besuch in der Stadt-, darauf Frank, -Ich wollte zwar nur deinen Namen wissen aber nun ja,... Jetzt wo ich mehr über dich weiß, könnten wir beiden hübschen ja mal auf die Toilette gehen und ne ordentliche Nummer schieben-. Die Frau knallte Frank eine und verließ die Kneipe. Frank nuschelte vor sich hin, -verstehe ich nicht-. Er nahm den letzten Schluck aus seinem Glas das er sich von seinen Platz mit genommen hatte und stellte auf den Tresen. Frank stand auf und ging in Richtung Ausgang, - Meister, du musst noch zahlen- dröhnte es hinter ihm. Frank drehte sich um und sah einen Bären von Mann mit aggressiven Gesicht und scheinbar keinem Hals. Frank hob heroisch die hand und rief.-Du kannst mich mal-. Frank verließ die Kneipe, grade einmal zwei Schritte tat er bis er einen Schlag auf den Hinterkopf spürte und er das Bewusstsein verlor.
Als Frank wieder zu sich kam standen um ihn herum mehrere Polizisten und sagte stöhnend, -Ihr schon wieder-. Frank verbrachte eine nacht in der Ausnüchterungszelle, als er dann am nächsten Morgen von zwei Polizisten aufgesucht wurde rechnete Frank mit der Freilassung, doch es sollte anders kommen. Die Beamten forderten frank auf ihnen zu folgen und Frank tat sie ihm befohlen wurde. Sie betraten ein Verhörzimmer in dem schon ein Mann in Zivil auf Frank gewartet hatte. Der mann in Zivil stellte sich als -Kommisar Hesse, Mordkommission- vor. Frank sagte scherzhaft, -Jungs ich habe doch nur die Zeche geprellt, und deswegen gleich die Mordkommission? Wow-. Hesse entgegnete, -Herr Raue es geht nicht darum was sie gestern Nacht gemacht haben, es geht darum was sie gestern mittag gemacht haben-. Frank schaut verwirrt. -Was wollen sie?-, fragte Frank hilflos. -Wir haben mehrere Zeugenaussagen das sie gestern mittag auf ihren Nachbarn Björn Wucherpfennig eingeschlagen haben-, sagte Hesse. Frank lachte laut los und meinte dann, -Ach um diesen kleinen Penner geht es. Er hat mich also angezeigt? Wenn sie mich fragen hat es dieser kleine Stricher nicht anders verdient-. Schweigen im Raum. Der Kommisar räuspert sich und sagt, -Herr Raue, der Herr Wucherpfennig ist tot-.
Frank`s dauerndes Lächeln verschwand. -Können sie mir irgendetwas über den von mir erwähnten Auseinandersetzung mit dem Herr`n Wucherpfennig erzählen?- fragte Hesse. Doch Frank schwieg und starrte ins leere.

© UnterBruecken

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